Der Loskauf 1414 und 1415

Aus HüPedia

Anfang des 15. Jahrhundert waren es die Ritter Hartmann und Götz von Hünenberg, denen das Land er heutigen Gemeinde Hünenberg gehörte. Sie verkauften es den damaligen Bauern von Hünenberg, die damit selbständig wurden und eine eigenen Gerichtsbarkeit erhielten.

Mit dieser Urkunde besiegelten die Hünenberger ihre Freiheit. Loskauf 1414.
Das Siegel der Urkunde trägt die Umschrift: S'HARTMANI DE HUNEB'G.

Der Loskauf 1414

Hartmann wohnt in Bremen und findet es offenbar nicht tunlich, wieder zurück nach Hünenberg zu kommen. Er verhandelt mit den Brüdern Hans, Uli und Heini Bütler sowie ihrem Vetter Welti. Schliesslich werden sie sich einig: Für 204 Gulden sollen sie Land und Gut bekommen. Doch die Bütlers können den hohen Geldbetrag nicht alleine aufbringen. Weitere Leute steuerten ihr Vermögen zum Kauf bei:

Name Gulden
Brugl Rudi 2
Bruner Götschi 3
Brun Hans 4
Bütler Heini 10
Bütler Jänni 10
Büttler Uli 10
Bütler, der Kleine 30 Plappert*
Bütler Wätli 10
Fischer Hans und sein Sohn 5
Golder Jögli 5
Golder Wälti 6
an der Halten Uli 5
von Frauenthal Harmann 2
im Hof, von Tränken Steffen und Ruodi (Träliken) 2
Holzgang Wälti und ein Widmerin sin & wip 5
Huob Hensli 1
Huober Ulrich 10
Huwyl Frena 1
Knüslin Frena 1
Langenrüter 2
Lutiger Heini 1
Meyg (Meyer) Götschi 1
Meyg Uly un sin Sun 5
Plässin 1
Räber Welti und sein Sohn 7
Schön Büri 2
Steiner Hänsli 1
Steiner Peter 1
Sur (Suter) Hans 4
Sur Fänni 6
Tek Peter und Welti 4
Thwerenbold Heini und sin Son 9
Thwerenbod Peter 1
Wältis Fänni 5
des Wagners Knaben 3
Widmer Hänsli 1
Wyo, Büri und sin Son Hänsli 5
Wyo Jörgli 2
* Plappert sind eine Art Groschen. 20 Plappert entsprechen 1 Gulden.


Allerdings: Bei der obigen Auflistung fehlen 44 Gulden und 10 Plappert. Es stellt sich die Frage, ob noch viele Kleinbeträge eingegangen sind, da es im Rodel heisst, so sei im Rodel besonders bemerkt, wenn der Steuerer einen "ganzen ryhnischen Guldi" oder seinen "Beytrag in Gold" gab. Oder ob der Rest durch Naturalien bezahlt wurde, heisst es doch im Hünenberger Familienbuch: "Es steuerten Knaben, Knechte, Weiber. Kessel, Häfen, Bettgewand und andere Sachen wurden versetzt, das erforderliche Geld aufzutreiben."

Auf jeden Fall aber hält Hartmann im Verkaufsvertrag ausdrücklich fest, man habe ihn an göld (Geld) und an gewicht bar bezahlt, wofür er den Käufern 4 Gulden neuer rheinischer Währung nachgelassen habe.

Der Loskauf, was haben die Hünenberger bekommen?

An einem kalten Wintertag begeben sich die Bütler mit Verwandten, Freunden und anderen ehrbaren Leuten nach Bremgarten und mit ihnen wohl viele der Hünenberger „Untertanen“. Mit der Unterzeichnung des Vertrages haben sie erworben: 7 Landstücke, aus dem Eigentum von Hartmann VIII., nämlich

  • seinen Anteil am Burgstall in Hünenberg (ein anderer Teil gehörte weiterhin seinem Bruder Götz)
  • annähernd 5 Jucharten Weingarten, der an Twerenbolds Weinberg stiess
  • 3 akerbletz im Boden
  • den Lohwald in Meisterswil
  • einen Acker im Varwen (dieser lag beim Zolleinschlag an der Strasse zum Sinser Fahr)
  • einen Acker in der oberen Matte gelegen (etwas östlich vom Hof Ried)
  • Schuopissen (= 2 kleine Höfe) zu Marlachen.

Dazu verkaufte er auch noch einen Teil des Chamauer Waldes, den er allerdings nur zu Lehen besass, mit allen Rüttinen (gerodetem Land) rund um den Wald und im Wald selbst.

Zusätzlich besass Hartmann noch Ansprüche und Rechte des Twings und Bannes sowie der Gerichte von Hünenberg, die er den Käufern ebenfalls überschrieb. Er überliess den Käufern "uf disen hütigen tag Leute, Güter, Holz und Feld, Wunn und Weid" und verpflichtete auch seine Erben und Nachkommen, diesen Vertrag einzuhalten.

Mit dem Loskauf bildete sich ein selbständiges, mittelalterliches Dorf mit eigener Gerichtsbarkeit. Es muss ein bedeutendes Ereignis gewesen sein, denn nebst dem Schultheissen sind fünf Ratsherren der Stadt Bremgarten als Zeugen namentlich auf der Urkunde vom 17. Januar 1414 aufgeführt. Hier der Text der Urkunde in einer Abschrift von Ueli Ess.

Aus der Verkaufsurkunde darf gelesen werden, dass Hartmann VIII. mit dem Handel sehr zufrieden war. Aber auch die Hünenberger dürften sich gefreut haben, denn sie hatten nicht nur materielle Güter erworben, sondern waren auch in den Besitz von Rechten gekommen, hatten sich also freigekauft, d.h. sie waren nun ihre eigenen Herren.

Dies dürfte das Begehren ausgelöst haben, noch mehr Land und Rechte zu erwerben. Vor allem weil sie sahen, dass die Herren von Hünenberg zu dieser Zeit politisch und wirtschaftlich besonders stark unter Druck geraten waren. So musste Hartmann VIII. befürchten, durch die Auseinandersetzung zwischen dem deutschen König Sigmund und Herzog Friedrich IV. von Österreich seinen Besitz westlich der Reuss in der Vogtei Oberrüti zu verlieren. Der römisch-deutsche König hatte 1414 den Reichskrieg gegen den Habsburger ausgerufen, da dieser Papst Johannes XXIII. zur Flucht aus Konstanz verholfen hatte, obschon er – wie die beiden andern Päpste – versprochen hatte abzudanken. Damit war das Hauptziel des Konzils von Konstanz (1414-1418), das Schisma zu beenden und die Einheit der Kirche wieder herzustellen, gefährdet. Der König hatte deshalb die Reichsacht über Herzog Friedrich IV. ausgesprochen, liess den Habsburger Besitz in Schwaben besetzen und bat die Eidgenossen, sich am Reichskrieg zu beteiligen, worauf diese den Aargau eroberten. Um seinen Besitz in der Vogtei Oberrüti nicht zu verlieren, gab Hartmann VIII. sogleich sein Burgrecht im österreichischen Bremgarten auf und nannte sich bereits im Oktober 1414 Hartmann von Hünenberg, nun sesshaft in Tuotwil (Dietwil AG). Wie prekär seine Lage war, zeigt ein verzweifelter Brief, den er am 16. August 1415 an Schultheiss und Rat der Stadt Luzern als Vertretung der Eidgenossen sandte, worin er berichtete, man habe ihm seine Untertanen in Rüti in Eid genommen, ihm Gericht und Twing entzogen unter der Anschuldigung, er sei ein Feind der Eidgenossen. Das sei nicht wahr, denn er habe sich im Krieg neutral verhalten und sogar sein Burgrecht in Bremgarten aufgegeben. Er bitte deshalb, man möge die Leute von Rüti aus dem Eid entlassen und ihm Twing und Gericht zurückerstatten.

Der zweite Loskauf 1415

Die unerfreuliche Situation Hartmanns VIII. nutzen die Hünenberger Bauern. Sie nehmen Gespräche auf, zu denen auch der Bruder von Hartmann, Junker Götz, beigezogen wird.

Bereits am 27. Juni 1415 wird ein zweiter Vertrag aufgesetzt, der allerdings im Original nicht mehr vorhanden ist. Nun konnte die gesamte Gemeinde zu Hünenberg, der obere und der untere Teil gemeinsam von den Herren von Hünenberg zusätzlich Land und Rechte für 120 Gulden erwerben.

Dieser Brief, der nur als Abschrift im Hünenberger Rächt=Büechlin aus dem 17. Jahrhundert erhalten ist, zeigt, dass die Hünenberger Bauern nur eineinhalb Jahre nach dem Loskauf nochmals unter grossen Anstrengungen einen zweiten bedeutenden Kauf tätigten: "..ein brieff, wie ein gmeindt von junckherr Harttman undt Götzen von Hünnenberg, sambt junckherr Götzen sohn und frawen die burg, ihr herrligkeit, gricht und alleß das jenig, so die herren damahl besässen und gewalt ihnen zu verkauffen gheppt… Ist der kauff geschächen umb ein hundert undt zwentzig gulden."

Diese Kaufsummen in nicht einmal zwei Jahren aufzubringen, war für die kleine Bauerngemeinschaft mit vielen Entbehrungen und Anstrengungen verbunden. Noch Jahrhunderte später war man aber stolz darauf, den Loskauf aus eigener Kraft geschafft zu haben.

Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Stadt Zug und das Äussere Amt im Tschurrimurrihandel die Hünenberger Gerichtsbarkeit einschränken wollten, da verfasste die Gemeinde Hünenberg ein Memorial, in welchem sie auf all die Einschränkungen hinwies, die sie hatte ertragen müssen, um sich zu befreien. In dem Dokument, verfasst von Stadtschreiber Wolfgang Vogt, das sich in der Zurlaubiana erhalten hat, heisst es: "Die Gemeinde Hünenberg bitte die Stadt und die Burgerschaft in aller Unterthänikheit zu bedenken, wie ihre lieben Vorfahren mit äusserster Anstrengung alles ertragen hätten, um sich die Freiheit von Junker Hartmann erkaufen zu können. Sie hätten das äusserste angewendt, Jhr eigne Güetter verpfändt, den haussrath verkaufft, hunger und mangel gelitten, dass sich weib und kindt entgelten müessen, damit sie disse Freyheit von Jhrem halssherren erkauffen mögen.. Sie hätten es wirklich nicht verdient , dass man sie bey Jhren habenden freiheyt und rechtsame nit schützen wolle." Und dann geben sie den Zugern zu bedenken, sie könnten schliesslich nichts dafür, dass "Sie Arme Bauern seyen".

Quellen

Die Hauptquelle für diesen Text ist das Buch von D.F. Karl Stadlin, Der Topographie des Kantons Zug, 1. Teil, Geschichte Hünenberg, Luzern 1819, S. 100 ff, sowie das Jubiläumsbuch der Korporation Hünenberg, Entstehung und Geschichte der Korporation Hünenberg, Steinhausen 2014, S. 42ff

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